Zeitungsbericht vom 30.04.2019:
Irritierende Wirtschaftsprüfer
KURIOS Sechs Neumarkter haben seit 2003 eine Mission. Als regionale Wirtschaftsprüfer sind sie auf ihren Fahrrädern in der Region Neumarkt unterwegs. Eine Rechnung habne sie aber noch nie
geprüft.
Helmut Seger und seine fünf Kollegen haben in und um Neumarkt herum gut zu tun als Wirtschaftsprüfer.
Wobei sie es mit Aktenordnern nicht so haben. Irritationen sind deshalb vorprogrammiert und durchaus auch gewollt, wie die grinsenden Gesichter der sechs ganz besonderen Neumarkter Wirtschaftsprüfer
zeigen.
Die haben ihren Spaß mit dem Verwirrspiel, das Wirkung zeigt. "Da. Les`das mal durch" sagt Helmut Seger und schiebt eine ausgedruckte E-Mail über den Tisch. Ein Energieversorger schreibt darin an Seger, dass man ihm leider den Bonus infolge eines Vertragswechsels nicht auszahlen könne. Nach Internetrecherche sein man nämlich davon überzeugt, dass er ein gewerblicher Kunde sei. Am Tisch der sechs Neumarkter löst die E-Mail Gelächter aus.
Dabei ist der Energieversorger nicht der Erste, der der ganz besonderen Neumarkter Gruppe auf den Leim geht. Wer im Internet www.regionale-wirtschaftspruefer.de besucht, könnte zumindest bei einem oberflächlichen Blick tatsächlich zu dem Schluß kommen, es mit einem Büro zu tun haben, das einem die Rechnungsbücher kontolliert. Wer genauer hinsieht, dürfte beim Motto dieses "Büros" stutzen: "Wir radeln um die Wurst".
Jeden Dienstag geht es los
Das Logo prangt auch auf den sportlichen Pullovern, die Helmut Seger, Georg Werner, Bernhard Böhm, Fritz Bärtl und Roland Pröpster statt dunkler Anzüge tragen. Was auch besser passt in der geselligen Runde am Dienstadabend in der Gaststube des Unteren Ganskellers in Neumarkt. Zumal die sechs Herren zuvor ihre obligatorische Radrunde gedreht haben, die immer in einem Gasthaus endet. Sie sind schließlich Wirtschaftsprüfer.
"Am Dienstag zittern die Wirte" sagt Georg Werner lachend. Denn ab April rollt der Wirtschaftsprüfer-Express dienstags pünktlich
um 18.30 Uhr vom Treffpunkt in der Rosengasse los. Dann radeln die sechs Neumarkter rund 40 Kilometer und das durchaus mit Druck auf dem Pedal. Ein Stopp zum Auffüllen der Nahrungs- und
Flüssigkeitsdepots ist da unerlaässlich. Ihre Erfahrungen und Einschätzungen finden sich auf der besagten Homepage.
Seit 2003 geht das nun schon so, als die Mitglieder der Musicalgruppe Just For Fun nach einem ersten Radausflug zu dem Schluss kamen: "Des war so schee. Des woll`n wir beibehalten". Gemeinsam radeln
viele Menschen, das Besondere der Gruppe - der Name und die umfangreiche Berichtausstattung auf einer eigenen Homepage - bildete sich aber eher kurios heraus. Man habe den Namen schon auf T-Shirts
gedruckt, lange bevor man überhaupt an eine eigene Homepage gedacht habe, berichten die sechs Radler. Das www.regionale-wirtschaftspruefer.de so schön professinell und seriös klingt, spielte dabei
sicherlich eine Rolle.
Nicht nur Energieversorger obliegen deshalb oftmals einem falschen ersten Eindruck, wie zahlreiche Anekdoten belegen. Was wie der Betriebsausflug eines Witschaftsprüfer-Büros wirkt, entpuppt sich bei
näherem Hinsehen aber als eine Gruppe von Freunden, denen der Schalk ebenso im Nacken sitzt wie die Freude am Sport und am Genuss. "Erst kommt der Sport, dann der gemütlichr Teil", fasst Bernhard
Böhm die Kernmerkmale der Gruppe zusammen, die es in eher bodenständige Gastwirtschaften führt. Ein Sterne-Restaurant haben die Freunde noch nie angefahren - und haben es auch nicht vor.
Denn sehr gut essen und trinken kann man auch in der kleinsten Dorfwirtschaft, wie die Sechs überzeugt sind. Man muss sie nur finden, die richtige Wirtschaft. Doch wie macht man das ? "Man sammelt so
seine Erfahrungen", gibt sich Helmut Seger geheimnisvoll, der eine lange Liste mit Wirtschaften vor sich auf dem Tisch ausbreitet. Mehr noch, auf der Homepage findet man die Wirtschaften auch von
null bis fünf Bratwürsten bewertet.
Eine wichtige Anmerkung zur Notenvergabe haben die sechs Radler allerdings - und sie richtet sich vor allem an die Wirte. "Wir sind auch bestechlich" geben sie freimütig zu. Was sich aber
nichts nimmt, denn wenn die Bestechung in fester oder flüssiger Form nicht schmecken würde....
Verrissen wird jedenfalls keines der getesteten Wirtshäuser. "Wir sind schon eher wohlwollend", sagt Helmut Seger über die Tests. Vereinzelte kritische Bemerkungen zu Gasthäusern finden sich aber
trotzdem. So schreiben die Wirtschaftsprüfer beispielsweise über ein Gasthaus im Landkreis: "Keine Bewertung! Wirt hat sich geweigert uns eine Brotzeit zu machen ! Begründung: Frau ist nicht da...
Wirtshaus wird seit dem strikt gemieden".
Tipps der Wirtschaftsprüfer
In der Regel sind die Wirtschafts prüfer aber gern gesehene Gäste. "Wir müssen uns schon manchmal von Wirten anhören, warum wir uns so lange nicht blicken haben
lassen", sagt Roland Pröpster. Aber es gebe nun mal eine Menge an Gastwirtschaften in der Region.
Welche davon im Speziellen einen Tipp wert sind, ist bei den Experten gar nicht so leicht in Erfahrung zu bringen. Denn die Wirtschaftsprüfer haben zahllose Vorschläge parat. Offenbar gibt es einfach
sehr viele, sehr gute Gaststätten in der Region .
Das Gasthaus Gerner in Thannhausen zum Beispiel, das die Wirtschaftsprüfer für seine Brotzeitplatte loben. Oder der Katzerer in Sondersfeld mit seinem Biergarten, wofür auch die Sippelmühle in
Waltersberg ein Lob erhält. Die Bratwürste beim Hirschen in Pfeffertshofen sind ebenfalls ein lohnendes Ziel für die Radler-Gruppe. Erwähnung finden außerdem die Gasthäuser Pfindel in Hofen und
Dallmayer in Berching und viele weitere.
Aber auch in Neumarkt machen die Wirtschaftsprüfer ab und an Station. Beispielsweise im Gasthaus Rupp in Holzheim. Nämlich dann, wenn es regnen könnte und die sogenannten "Angstrunden" mit weniger
Kilometer anstehen.